Eigentlich muss es an Universitäten laut und weiträumig zugehen, denn hier sollen Innovationen entstehen und kühne Gedanken erprobt werden. Aber Hörsäle und Seminarräume sind verwaist. Seit einem Jahr fordert ein Virus die Menschen im Wissenschaftsbetrieb in noch nie da gewesener Weise heraus. Und das Ende ist noch nicht absehbar.
Wie verändert die Pandemie auch administrative Prozesse an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät? Zu ihrem Arbeitsalltag gab Christina Linke, Verwaltungsmitarbeiterin am Institut für Personal und Arbeit und am Institut für Marketing und Management der Leibniz Universität Hannover Auskunft.
Frau Linke, vor uns liegt das dritte digitale Semester an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Erinnern Sie sich noch an den Moment im Frühjahr 2020, als Ihnen bewusst wurde, dass das bevorstehende Semester so ganz anders sein wird, als alle bisherigen, die Sie an der Fakultät erlebt haben?
Ja, ich kann mich gut erinnern. Meine Kolleginnen, Kollegen und ich haben die Nachrichten über das Corona-Virus im März 2020 sehr aufmerksam verfolgt. Es wurde über Schulschließungen nachgedacht und wir haben eigentlich täglich damit gerechnet, dass uns auch eine Schließung bevorsteht. Als es dann tatsächlich soweit war, haben wir praktisch von einem zum anderen Tag auf Homeoffice umgestellt. Hierbei kam uns zu Gute, dass wir alle mit Laptops ausgerüstet sind und wir über den VPN-Client auf den zentralen Server bzw. auf unsere dort liegenden Laufwerke zugreifen konnten. Kurze Zeit später erhielt ich auch einen Zugang zum SAP-Server und konnte somit alle Sekretariatsaufgaben von zu Hause aus erledigen. Nur für die Post kam ich alle zwei Wochen in die Uni.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beider Institute haben dann mit Hochdruck und viel Engagement darüber nachgedacht, wie die Lehre für das kommende Sommersemester gestaltet werden könnte. Im Großen und Ganzen hat auch alles super gut geklappt. Ich fand das richtig beeindruckend.
Die Pandemie hat die Fakultät nicht nur in der Lehre, sondern auch bei der Organisation der Prüfungen vor neue Herausforderungen gestellt. Wie sind Sie am Institut für Personal und Arbeit und am Institut für Marketing und Management im Januar und Februar mit der Situation umgegangen?
Im Institut für Personal und Arbeit wurden alle anstehenden Klausuren online über Stud.IP durchgeführt und nach meinem Kenntnisstand lief das auch problemlos.
Das Institut für Marketing und Management hatte, außer bei einer Veranstaltung, schon ab dem Sommersemester 2020 die Prüfungsleistungen von „Klausur“ auf „Hausarbeit“ umgestellt. Die Studierenden mussten in diesen Veranstaltungen Essays schreiben, die dann bewertet wurden. Nur eine kurze Anmerkung dazu – im Wintersemester gab es ca. 370 Anmeldungen, das heißt, ein hoher Arbeitsaufwand für die Lehrkräfte aber auch für das Sekretariat, denn diese Studierenden haben bei mir auch alle ein Formular abgegeben, das bearbeitet werden musste.
Die individuelle Beratung Studierender ist ein Teil Ihres Arbeitsalltags. Bis auf Weiteres sind Gespräche oder Auskünfte jedoch nur telefonisch oder per Mail möglich. Haben sich die Anzahl der Ratsuchenden und die Themen seit dem März vergangenen Jahres verändert?
Nein, ich würde sagen, dass es so wie sonst ist.
Sie unterstützen die Arbeit von Herrn Professor Dr. Wiedmann als BAföG-Beauftragter der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät. Durch die Corona-Krise sind Studierende unverschuldet in Not geraten. Was empfehlen Sie Ratsuchenden, die trotz BAföG und Nothilfen unter Existenzangst leiden und die nächste Mietzahlung fürchten?
Ich empfehle den Studierenden, sich bei ihrem jeweiligen Sachberater oder der Sachberaterin beim BAFöG-Amt nach einer möglichen Aufschiebung des Leistungsnachweises zu erkundigen. Sind Klausuren ausgefallen, wurden verschoben oder man war krank, was attestiert sein muss, kann ein Antrag auf Aufschiebung des Leistungsnachweises gestellt werden. Ansonsten können sich Betroffene auf der Seite des Hochschulbüros für ChancenVielfalt über Möglichkeiten der Unterstützung erkundigen.
(Hinweis der Redaktion zum Link: https://www.chancenvielfalt.uni-hannover.de/de/angebote/angebote-fuer-studierende/finanzielle-unterstuetzung-fuer-studierende-in-der-corona-krise)
Sie sind seit über 20 Jahren an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät tätig und tragen Verantwortung für die administrativen Prozesse an zwei Instituten. Welche gravierenden Veränderungen haben Sie in dieser Zeit im Arbeitsalltag des wissenschaftsunterstützenden Personals festgestellt?
Die Informationen für die Studierenden laufen eigentlich nur noch über die Homepage der Institute und zu einem Großteil über Stud.IP. Die guten alten Aushänge vor dem Sekretariat sind somit überflüssig. Auch die Bereitstellung von zum Beispiel Literatur läuft nur noch über Stud.IP. Das hat uns in den beiden Online-Semestern sehr geholfen.
Wo erleben Sie gegenwärtig im Beruf, trotz aller Einschränkungen, die Corona-Krise als Chance?
Ich bin sehr gern in der Uni und liebe den Kontakt und den Austausch mit Kolleginnen, Kollegen und Studierenden. Aber die Corona-Krise hat auch gezeigt, dass im Homeoffice praktisch alle administrativen Aufgaben genauso gut ausgeführt werden können wie vor Ort. Für die Zukunft kann ich mir vorstellen, einen oder zwei Tage in der Woche im Homeoffice zu sein. Ich habe festgestellt, dass ich dort für manche Arbeitsprozesse konzentrierter und ungestörter arbeiten kann.
Dürfen wir abschließend eine persönliche Frage stellen? Sie sind nicht nur Mitarbeiterin an einer Universität, sondern auch Mutter und Großmutter. Die Pandemie hat unseren Alltag zweifelsohne verändert. Was lohnt es nach Ihrer Meinung trotzdem, aus dieser besonderen Zeit zu bewahren?
Zu schauen, wer und was wirklich wichtig ist.
Vielen Dank für die Auskünfte.
Die Fragen stellte Birgitt Baumann-Wohlfahrt.