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Auf ein Akademisches Viertel mit Franziska Braschke

„Die Tutorinnen und Tutoren sind eine große Hilfe und investieren ihre private Zeit - das muss man honorieren.“

Auf ein Akademisches Viertel mit Franziska Braschke

© Foto: C. Wyrwa

Wenn die Erstsemesterstudierenden der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät jedes Jahr im Oktober gut informiert in ihr Studium starten, dann ist das auch Franziska Braschke zu verdanken. Die Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Arbeitsökonomik koordiniert seit 2018 die Orientierungsphase (O-Phase) für die Studienanfänger und gab Auskunft, welche Herausforderungen sie und ihr Team in dieser Woche erwarten.

 

Frau Braschke, erinnern Sie sich noch an Ihren Studienbeginn 2008 an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg? Es heißt, dass man in den ersten Tagen auf dem Campus die Freunde fürs Leben trifft. Stimmt das?

Das kann ich nur bestätigen. Obwohl mein Studienbeginn ja nun doch schon etwas weiter zurückliegt, habe ich immer noch Kontakt zu Personen aus meiner damaligen O-Phasengruppe. Wir haben das gesamte Studium gemeinsam gemeistert und der „harte Kern“ ist erhalten geblieben, obwohl wir teilweise recht verstreut leben, sogar auf verschiedenen Kontinenten. Wir versuchen uns, in der jetzigen Situation digital, regelmäßig zu treffen. Die gemeinsamen Erfahrungen und Erlebnisse schweißen einfach zusammen.

 

Mit welchen Erwartungen kommen die Erstsemesterstudierenden am 12. Oktober auf unseren Campus?

Das hängt sicherlich ganz individuell von den neuen Studierenden ab. Fest steht, dass es für alle eine neue, aufregende Situation ist. Daher ist es wichtig, dass wir den Studierenden in der ersten Woche eine Anlaufstelle für all ihre Fragen bieten, damit sie sich gut aufgehoben fühlen. Es gibt so viele neue Informationen und Eindrücke - die Erstellung des Stundenplans, die Einführung in die verschiedenen Systeme wie QIS und StudIP, der Studienablauf, das Kennenlernen der Stadt und der Kommilitoninnen und Kommilitonen - das kann einen schnell überfordern. Unsere Tutorinnen und Tutoren und ich stehen den ‚Ersis‘ bei allen Fragen und Problemen mit gutem Rat zur Seite.

 

Sie planen und organisieren in diesem Jahr zum zweiten Mal eine O-Phase unter den Bedingungen einer Pandemie. Was ist anders als in den Vorjahren?

Wir müssen natürlich die geltenden Hygienebedingungen einhalten. Da stoßen wir mit unseren Raumkapazitäten manchmal an Grenzen. Deshalb konnten wir im letzten Jahr nur einen Präsenztag für jeden ‚Ersi‘ anbieten. In diesem Jahr sind es immerhin schon zwei. Es war allen Beteiligten wichtig, trotz der Situation wenigstens etwas Präsenz in der O-Phase zu ermöglichen, damit die neuen Studierenden sich auch persönlich kennenlernen können. Im letzten Jahr sind alle, vor allem meine Tutorinnen und Tutoren, sehr verantwortungsbewusst mit der besonderen Situation umgegangen, so dass alles gut geklappt hat. Wir haben die Thematik natürlich auch in unserer Tutorenschulung behandelt. Für dieses Jahr bin ich optimistisch, dass wir es wieder so gut hinbekommen.

 

Wie schaffen Sie es trotz der Einschränkungen, dass die Studierenden Kontakte knüpfen und den Campus kennenlernen können?

Indem wir trotzdem Präsenzangebote ermöglichen. In diesem Jahr geht das ja schon ein bisschen mehr, als im letzten Jahr. Jeder Erstsemesterstudierende hat in der O-Phase an zwei Tagen Gelegenheit, seine Kommilitonen und den Campus persönlich kennenzulernen. Zusätzlich gibt es in diesem Jahr wieder die Campusrallye vom Fachschaftsrat und die Abendgestaltung, wobei Letztere nicht von Fakultätsseite organisiert wird, sondern von den Tutorinnen und Tutoren. Wir bieten nur den Rahmen für ein Kennenlernen. Da sind die ‚Ersis‘ dann auch selbst gefragt. Mein Tipp: Seien Sie nicht schüchtern und offen für Neues, alle anderen sind ja in der gleichen Situation wie Sie.

 

Das Programm der Orientierungsphase ist nur in Teamarbeit zu bewältigen. Wo finden Sie die passenden Tutorinnen und Tutoren, die diese Aufgabe mit der nötigen Motivation angehen?

Die Tutorinnen und Tutoren bewerben sich bei mir in den Gruppen, in denen sie nachher auch zusammenarbeiten wollen. Es ist von Vorteil, wenn sie sich vorher schon kennen und gut verstehen. Das erleichtert die Zusammenarbeit. Bei den Bewerbungen achte ich auf Vorkenntnisse und Tätigkeiten in sozialen Bereichen, wie zum Beispiel als Jugendgruppenleiter, Trainer oder in anderen ehrenamtlichen Funktionen. Das garantiert ein gewisses Verantwortungsbewusstsein, das mir bei der Auswahl der Tutorinnen und Tutoren sehr wichtig ist. An dieser Stelle möchte ich hinzufügen, dass ich meinem Team sehr dankbar bin! Alle machen das freiwillig, investieren viel Zeit und sind sehr motiviert. Das ist eine unglaubliche Hilfe für mich.

Neben den Tutorinnen und Tutoren darf man aber die Unterstützung von anderer Seite nicht vergessen, für die ich mich an dieser Stelle auch bedanken möchte: Das Studiendekanat ist mir wirklich immer eine unglaublich große Hilfe. Außerdem unterstützen mich noch die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich in jedem Jahr wieder dazu bereiterklären, eine Gruppe zu übernehmen und so meist schon die ersten Probleme lösen können und mich damit sehr entlasten.

 

Das Feiern der Kioskkultur auf der Limmerstraße ist seit Jahren ein fester Bestandteil des Studienstarts, der leider auch immer wieder zu Konflikten führte.  Die „HAZ“ berichtete kürzlich von dem Plan der Bezirksverwaltung, sogenannte ’Awareness Scouts“ einzusetzen, die die Feiernden für die Belange der Bewohner sensibilisieren sollen.  Werden Sie, Ihr Team und die Vertreter der Fachschaft einen „Verhaltenskodex für das Limmern“ ausgeben?

Der Problematik versuchen wir schon seit mehreren Jahren entgegen zu wirken. Ich stehe in Kontakt zum „LimmernLabor“, einer Initiative, die sich dafür einsetzt, das Limmern sozialverträglich zu gestalten. Einer der Akteure ist ein ehemaliger Tutor und er kommt auch in diesem Jahr wieder zu unserer Tutorenschulung. Dort sprechen wir gemeinsam diese Thematik an, um die Tutorinnen und Tutoren dafür zu sensibilisieren. Außerdem verteilen wir Flyer, die die wichtigsten Punkte zusammenfassen. Im nächsten Jahr ist angedacht, noch Workshops zu dem Thema anzubieten.

Ich habe den Eindruck, dass unsere Anstrengungen Früchte tragen. So wurde mir z. B. im letzten Jahr von vielen Tutorengruppen zurückgemeldet, dass sie mit ihren ‚Ersis‘ direkt wieder gegangen sind, weil es ihnen auf der Limmer Straße zu voll war. Daran erkenne ich, dass unsere Tutorinnen und Tutoren sehr verantwortungsbewusst mit solchen Situationen umgehen. Vielleicht sollten andere Fachbereiche hier auch verstärkt auf Aufklärung setzen. Die Tutoren berichten aber auch, dass es immer weniger öffentliche Räume als Ausweichmöglichkeit für die jungen Leute gibt. Eventuell wäre es eine Lösung, hier Alternativen zu schaffen.

 

Sie lehren und forschen seit 2017 am Institut für Arbeitsökonomik der LUH. Welche Forschungsfrage wird Gegenstand Ihrer Dissertation sein und was planen Sie im Anschluss an die Promotion?

Meine Forschungsinteressen sind vielfältig und lassen sich schwer unter einer pauschalen Forschungsfrage zusammenfassen. Am ehesten wäre hier der Überbegriff der Ungleichbehandlung von verschiedenen Gruppen auf dem Arbeitsmarkt zutreffend. Ich analysiere unter anderem den Effekt von Arbeitslosigkeit auf Bevölkerungsveränderungen in Indien, das ist ein gemeinsames Projekt mit Prof. Puhani, aber auch die Auswirkungen eines Integrationsgesetzes auf die Arbeitsmarktergebnisse von Immigranten in Deutschland.

Ein Thema, das mir sehr am Herzen liegt, ist die Analyse der Ungleichbehandlung von Frauen. Ich untersuche z. B. die Diskriminierung von Frauen im gebärfähigen Alter durch die erhöhte Wahrscheinlichkeit, einen befristeten, statt eines unbefristeten Vertrages zu bekommen. Dieser Punkt begründet sich meiner Analyse nach unter anderem in ihrem erhöhten Risiko eines Ausfalls durch Schwangerschaft.

Grundsätzlich würde ich gerne weiter forschen und auch an der Lehre habe ich viel Spaß. Durch die Unsicherheit, z. B. durch Befristungen, die die Arbeit im wissenschaftlichen Umfeld mit sich bringt, bin ich mir aber noch unsicher, ob ich in diesem Bereich bleiben kann und möchte. Ich arbeite wirklich gerne an der Leibniz Uni und vielleicht ergibt sich hier etwas. Ansonsten werde ich mich nach Stellen als Daten Analyst umsehen.

 

Sie haben in diesem Jahr zum letzten Mal die Verantwortung für die Organisation der O-Phase getragen. Welchen Tipp werden Sie Ihrer Nachfolgerin oder Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?

Die Aufgabe nicht unterschätzen! Es müssen mehrere Tage Programm für über 500 Personen geplant werden. Dazu steht man im Austausch mit ca. 60 - 70 Tutorinnen und Tutoren, mit etwa 20 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Professorinnen und Professoren, den Initiativen und Einrichtungen und so weiter. Man muss alles koordinieren und abstimmen und das kostet Zeit und manchmal auch Nerven.

Und als zweiten Tipp: Mit den Tutorinnen und Tutoren auf Augenhöhe kommunizieren, denn mit ihnen steht und fällt die O-Phase. Die Tutorinnen und Tutoren sind eine große Hilfe und investieren ihre private Zeit - das muss man honorieren.

 

Vielen Dank für Ihre Auskünfte.

 

Die Frage stellte Birgitt Baumann-Wohlfahrt.